In Hadersdorf am Kamp wurden im Zuge von archäologischen Untersuchungen in den Jahren 1997 und 1998 auf dem Gelände des neuen Bahnhofsparkplatzes bislang einmalige Zeugnisse ritueller Praktiken der ausgehenden Frühbronzezeit entdeckt. Im Auftrag der Abteilung für Bodendenkmale des Fundesdenkmalamtes führte die Ausgrabungen der Verein ASINOE (Leitung Dr. Barbara Wewerka) durch. Siedlungsbereiche der mittleren und späten Jungsteinzeit, der Frühbronzezeit sowie Friedhöfe der späten Bronzezeit und der Hallstattkultur wurden freigelegt.
Als herausragend und bislang einzigartig in ihrer Gestaltung, Technologie und Zusammenstellung im gesamten mitteleuropäischen Raum können jedoch einige Deponierungen bezeichnet werden, die im Bereich einer Siedlung der Frühbronzezeit (Unterwölblinger Kulturgruppe) entdeckt werden konnten.
Es handelt sich um knapp 100 Objekte aus annähernd ungebranntem Ton, fast reinem Kupfer und Stein, die großteils in sieben Depots dokumentiert werden konnten. Die geborgenen Gegenstände umfassen kleine Tongefäße (teilweise mit roten und weißen Farbresten), Tonkugeln, pfeilspitzenähnliche Objekte mit Tülle aus Ton und Kupfer sowie Tonplastiken in Form von Menschen/Masken- und Tierköpfen.
Das größte Objekt repräsentiert ein vogelförmiges Tongefäß mit einem menschlichen Kopf, in dessen Hohlkörper sich einige Tonobjekte sowie vor allem Gegenstände aus fast reinem Kupfer befanden. Hervorzuheben sind ein pfeilspitzenähnliches Objekt, ein herzförmiger Anhänger, zwei Ringe sowie eine Säge.
Über die ursprüngliche Verwendung der Objekte sowie den Grund der sorgfältigen Niederlegungen in organischen Behältern wird die wissenschaftliche Bearbeitung künftig Aufschlüsse bringen. Eindeutig belegbar ist jedoch, dass die Deponierungen in zeitlichen Abständen niedergelegt wurden.
Es handelt sich offensichtlich um Zeugnisse ritueller Praktiken der ausgehenden Frühbronzezeit mit einem gemeinsamen geistigen und kulturellen Hintergrund, die bislang einzigartig in Mitteleuropa beobachtet worden sind.
Aufgrund der stratigraphisch gesicherten Befundsituation, der naturwissenschaftlichen Untersuchungen (Thermolumineszenz- und Radiocarbondatierungen mit unterschiedlichen Ergebnissen) sowie einiger weniger annähend vergleichbarer Funde aus dem slowakischen und ungarischen Raum können die bislang unikaten Deponierungen der ausgehenden Frühbronzezeit zugeordnet werden (1900-1600 v. Chr.).
Univ.-Ass. Mag. Dr. Alexandra Krenn-Leeb,
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien
Dr. Barbara Wewerka, Verein ASINOE Krems